Bert Papenfuß: led saudaus. notdichtung, karrendichtung

mit Zeichnungen vom Autor


Gesprochene Graffitis, in Verse festgehaltene Wortlaute, sprechende Zeichen, kann man die Texte von Bert Papenfuß-Gorek nennen. Mit erregter, ja nervöser Sensibilität für Veränderungen ist er den Regungen und Bewegungen der Sprache auf der Spur, wie sie um uns auf der Straße laut wird, mit Spots und Medien auf uns eindringt. Mit ihren Floskeln und Redensarten, ihren Reiz- und Schlagwörtern nimmt er sie auf, wirft sie spielerisch-lustvoll oder vorsichtig-sezierend aufs Papier, um sie uns respektlos grob oder sinnlich-„angemacht“ mit ihren unerschöpflichen Assoziations- und Deutungsmöglichkeiten wieder vor Augen und Ohren zu bringen, daß sie in all ihren Facetten aufblitzt und sprüht, sich in Wortkaskaden entfaltet, zu Vers- und Papenfüßen verdichtet.
LED (Light Emitting Diode) nennt man ein Halbleiter-Bauelement, das bei Anlegung einer Spannung auf Grund bestimmter elektronischer Prozesse Licht ausstrahlt, bei Uhren und Geräten der Unterhaltungselektronik Licht von roter und grüner Emission.
Der Dichter nahm also den Stift zur Hand, hielt fest, was er hörte und sah, sprach und zeichnete vor sich hin, was ihm dazu einfiel – bekannte Symbole, rätselhafte Metaphern – und stellte zwischen allen Elementen aus Worten und Zeichen solche Spannungen her, daß sie – diktate des selbst & des unselbst – ihre eigene Ausstrahlung haben. Poetische LEDs für existentielle Prozesse von Mauern notiert nach Mauersturzereignissen Fakten – german graffitis in einer unerwarteten Zeit – Dichtung, wie man sie bisher nicht kannte.

Janus Press/Basisdruck Verlag, Klappentext, 1991


Das Spiel ist die Regel

… Die Sprach-Welt Bert Papenfuß-Goreks ist von proteischer Natur. Sie scheint – der Band LED SAUDAUS führt es wiederum vor Augen und Ohren – im ständigen Werden begriffen. Dieser Autor hat sich, um eine in DDR-Zeiten geläufige Floskel zu zitieren, nie auf der „Höhe der Zeit“ bewegt; vielmehr reißen die Strudel der Gegenwart in die Tiefe der Zeiten. Seine Texte sind eine Zeit-Dichtung eigener Art: die Sprache der modernen Zivilisation – freilich respektlos verzerrt (oder entzerrt?) und verhohnepipelt – bildet ein Amalgam mit Wörtern und Bildern, die von weither kommen.
Polaritäten verschmelzen in dieser freilich alles andere als notdürftigen „notdichtung“: Grobianismus und Tastsinn, Lust und Frust, Nölen und Noesis (geistiges Wahrnehmen), Hochsprache und Jargon der Subkultur vereinigen sich zu anarchischem Taumeltanz. Mit diesem „gesang“ war und ist kein Staat zu machen. „konfusion sei der zustand / in dem man die komplexität der wahrheit / schon wohl ahnen könne“, heißt es in einem Text. Wäre das eine poetische Konfession: Fusion der Konfusionen? Wortkunst als schwarze Magie, ein kräftiger Schuß Maggi, damit sie nicht gar zu zauberhaft gerät, wird zugegeben. Wer sich in das Labyrinth der Texte begibt, muß sehen wie und was er herausfindet. Jeder irre, so gut er kann. …

Jürgen Engler, 1992


Gerhard Wolf Janus press
Berlin 1991
ISBN 3-86163-023-0

Preis: 10,00 Euro